Geometrische Körper und ihre Baupläne

Albrecht Dürer: Erfinder des Bastelbogens?

Geometrie war für Dürer ein besonders wichtiges Gebiet. In seinem Buch „Underweysung der Messung, mit dem Zirckel und Richtscheyt“ hat er sich u.a. intensiv mit geometrischen Körpern auseinandergesetzt. Er zeichnete die fünf platonischen Körper, acht der 13 archimedischen Körper, eine Kugel und ein Prisma.

Das Besondere daran ist: Dürer zeichnet einen Körper nicht dreidimensional, sondern zweidimensional als flaches Netz. Ein solches Netz sieht aus wie ein Bastelbogen. Für uns heute ist eine solche Darstellung nichts Ungewöhnliches. Kinder lernen in der Schule schon, wie sich das Netz eines Würfels aus sechs Quadraten zusammensetzt.

Dürers Idee, einen Körper als flaches Netz darzustellen, ist jedoch zu der damaligen Zeit etwas revolutionär Neues: Lange Zeit wurden Körper als Volumina gedacht, also als massive Objekte, die durch die Gestalt ihrer Oberfläche beschrieben wurden. Die Mathematiker interessierten sich damals hauptsächlich für die Flächen, die sich an der Oberfläche eines Körpers bilden, zum Beispiel Dreiecke oder Quadrate.

Mit Dürer ändert sich dieser Blick: Er begreift einen Körper nicht mehr als massives Objekt, sondern nur als „Hülle“. Ein Netz ist also die aufgeschnittene Hülle eines Körpers.

Umgekehrt funktioniert das Netz eines Körpers auch als sein Bauplan. Der Plan zeigt an, aus welchen Teilen der Körper insgesamt besteht, zum Beispiel wie viele Dreiecke und Quadrate benötigt werden. Aber nicht nur das: Er zeigt auch, wie die Seitenflächen angeordnet sein müssen, damit ein geschlossener und regelmäßiger Körper entsteht.

Dürers Bauanleitungen im Video

Albrecht Dürer: Erfinder des Bastelbogens?

Dürer war kein Theoretiker, vielmehr hatte er stets die praktische Umsetzung im Blick. So fordert er in seinem Buch auch dazu auf, die von ihm gezeichneten Körpernetze vergrößert auf Papier zu zeichnen, mit einem scharfen Messer auszuschneiden, in Form zu biegen und zusammenzusetzen. Aus heutiger Perspektive klingt das nach dem Prinzip Bastelbogen.

Als Erfinder des Bastelbogens gilt gemeinhin der Mathematiker Georg Hartmann. 1529 soll er den ersten Bastelbogen zur Herstellung eines christlichen Kreuzes entwickelt haben. Dürers Publikation zu den Körpernetzen ist jedoch schon 1525 erschienen. Er und Hartmann lebten zu dieser Zeit beide in Nürnberg und sollen auch miteinander bekannt gewesen sein. Möglicherweise haben sie sich gegenseitig inspiriert.