Die Geschichte des Mathematikums
Von den Anfängen bis heute
1993
Seminar „Geometrische Modelle“ von Prof. Beutelspacher an der Justus-Liebig-Universität Gießen im SS 1993
Damit hat alles angefangen. Prof. Beutelspacher bot an der Justus-Liebig-Universität Gießen ein Proseminar für Lehramtsstudierende an, bei dem die Teilnehmer nur zwei Aufgaben hatten:
- Baue selbst ein geometrisches Modell!
- Erkläre die darin steckende Mathematik!
Die Teilnehmer waren mit Feuereifer bei der Sache und stellten so schöne Modelle her, dass klar war: Das müssen auch andere sehen!
1994
Erste Ausstellung „Geometrische Modelle“ im Philosophikum II der Justus-Liebig-Universität Gießen • 21. Februar - 7. März 1994
Erste Ausstellung unter dem Titel „Geometrische Modelle - Mathematik zum Anfassen“. Das Proseminar verlief so gut, dass acht Studentinnen ein halbes Jahr weiter arbeiteten und zusammen mit Prof. Beutelspacher die erste Ausstellung erarbeiteten. Diese fand in einem Seminarraum im Philosophikum II der Universität Gießen statt. Die erste Ausstellung zeigte schon Exponate, die bis heute wichtig für das Mathematikum sind, so zum Beispiel: „Tetraeder im Würfel“, „Alles gerade, trotzdem rund“, „Platonische Körper“, „Gleichdicks“ und das „Möbiusband“. Insgesamt besuchten 1500 Menschen die Ausstellung, darunter 30 Schulklassen.
1995
Ausstellung im Schulmuseum Nürnberg erste Ausstellung außerhalb Gießens • 10. April - 30. Juni 1995
„Mathematik zum Anfassen“ wurde schnell bekannt. Am schnellsten reagierte Günter Löffladt, der damalige Leiter der Mathematikabteilung des Schulmuseums Nürnberg: Er holte die Ausstellung zur MNU-Tagung nach Nürnberg und zeigte sie dann noch zwei Monate. Das war die erste von mittlerweile fast 500 Ausstellungen im In-und Ausland unter dem Titel „Mathematik zum Anfassen“, die von insgesamt über 1,5 Millionen begeisterten Menschen besucht wurden.
1996
Ausstellung in Gießen im Foyer des Philosophikum I der Justus-Liebig Universität Gießen • 11. - 22. März 1996
Da das erste Proseminar so erfolgreich war, wurde es wiederholt, diesmal aber schon mit dem Ziel, eine Ausstellung zu gestalten. Diese war schon größer und fand im Foyer des Philosophikum I statt. Auffälligste Exponate waren das große Schachbrett und ein Zelt in Form eines „Rhombenikosidodekaeders“.
Während dieser Ausstellung fiel zum ersten Mal das Wort „Mathematikmuseum“. Der damalige Liegenschaftsdezernent der Universität, Ingo Dienstbach, vermittelte die richtigen Kontakte und so wurde bereits am 16. April 1996 der „Förderverein zur Schaffung eines Mathematikmuseums in Gießen e.V.“ gegründet.
1998
Ausstellung in Berlin zum ICM 98 Urania Berlin, anlässlich des internationalen Mathematikerkongresses • 20. - 27. August 1998
Anlässlich des „International Congress of Mathematicians“ wurden wir eingeladen, die Ausstellung „Mathematik zum Anfassen“ acht Tage lang zu zeigen. Nach einem Probelauf vom 9. bis 27. März in Gießen, wurde die Berliner Ausstellung von 10.000 Besuchern gestürmt, und alle, von den Top-Mathematikern der Welt bis zu den Berliner Grundschulkindern, waren begeistert. Spätestens nach dieser Ausstellung war klar: Das Konzept stimmt!
2000
Communicator-Preis für Prof. Beutelspacher - erster Preisträger des Popularisierungspreises des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft
Dieser mit 100.000 DM sehr hoch dotierte Preis wurde zum ersten Mal von der Deutschen Forschungsgemeinschaft vergeben. Er wurde am 15. September 2000 im Rahmen einer in der ARD übertragenen Wissenschaftsshow, die von Ranga Yogeshwar moderiert wurde, verliehen. Neben der publizistischen Tätigkeit Prof. Beutelspachers wurde insbesondere sein Engagement zur Errichtung eines Mathematikmuseums gewürdigt. Damit war klar, dass die Idee des „Mathematikmuseums“ bundesweit anerkannt ist. Der Preis hat die nachfolgenden Aktivitäten maßgeblich befördert. Das Preisgeld stellte Prof. Beutelspacher in vollem Umfang dem Förderverein zur Verfügung.
2001
Ausstellung in Gießen im Audimax der Justus-Liebig-Universität Gießen • 17. September - 6. Oktober 2001
Dies war der letzte Test vor Eröffnung des Mathematikums. Deshalb wurde bei dieser Ausstellung manches Neue ausprobiert. Zum Beispiel wurde Eintritt erhoben (5 DM), man konnte Bücher und T-Shirts, sowie Snacks und Getränke kaufen. Eine Frage wurde von vielen Besuchern gestellt: Wann eröffnet das Mathematikmuseum? Professor Beutelspacher teilte die Ungeduld der Fragesteller und versprach die Eröffnung für das Jahr 2002, fügte aber mit der gebührenden wissenschaftlichen Vorsicht hinzu: „nach dem heutigen Stand der Planung.“
2002
Erster Spatenstich für das Mathematikum: Beginn der Bauarbeiten für das Mathematikum • 7. Februar 2002
Erster Spatenstich in Anwesenheit von Dr. Hermann Otto Solms, Vizepräsident des Deutschen Bundestages, Ruth Wagner, Hessische Ministerin für Wissenschaft und Kunst, Oberbürgermeister Manfred Mutz und Universitätspräsident Prof. Dr. Stefan Hormuth. Der Umbau der drei Gebäude des Hauptzollamts zu einem Mathematikmuseum wurde von dem Gießener Architekten Peter Diehl geplant und in nur neun Monaten Bauzeit durchgeführt. Der klare und schnörkellose Stil des Mathematikums wurde maßgeblich von ihm geprägt.
2002
Eröffnung des Mathematikums durch Bundespräsident Johannes Rau • 19. November 2002
Durch die Anwesenheit des damaligen Bundespräsidenten Johannes Rau erhielt die Eröffnung eine phantastische bundesweite Aufmerksamkeit. Johannes Rau sagte: „Mathematik kann Spaß machen. Das habe ich hier erfahren.“
Das Mathematikum startete mit etwa 50 Exponaten, die alle von der Werkstatt des Mathematikums gefertigt wurden. Zunächst waren nur das Erdgeschoss und das erste Obergeschoss geöffnet.
2003
Eröffnung des 2. Obergeschosses: Fertigstellung des Ausstellungsbereiches mit Großer Kugelbahn • 5. November 2003
Von Anfang an war das Mathematikum eine Erfolgsgeschichte. Sämtliche Prognosen wurden über den Haufen geworfen. Statt der erhofften 60.000 jährlichen Besucher wurden es schon im ersten Jahr mehr als doppelt so viele. Daher wurde der vollständige Ausbau sehr bald notwendig. Der Einbau der Großen Kugelbahn war ein großes Ereignis. Allein der Transport der Einzelteile in das Obergeschoss war eine logistische Meisterleistung.
2004
Erste Ausstellung „Kunst im Mathematikum“: „New York meets Gießen“ mit Werken von James Rizzi • 5. September - 3. Oktober 2004
Seit 2004 findet jedes Jahr eine Kunstausstellung im Mathematikum statt.
Die Werke werden in den Gängen des Mathematikums ausgestellt, so dass sich die mathematischen Exponate und die Kunstwerke gegenseitig ergänzen.
2009
Eröffnung des Mini-Mathematikums: ein Ausstellungsbereich für Kinder von vier bis acht Jahren
Im Frühsommer 2009 wurde das Mini-Mathematikum eröffnet. Hier können vier- bis achtjährige Kinder mit speziell für sie entwickelten Experimenten erste mathematische Erfahrungen machen. Dieser Bereich wurde eingerichtet, weil die Erfahrung im Mathematikum zeigte, dass kleine Kinder zwar sehr gerne kommen, aber das „große“ Mathematikum manchmal nicht alle Anforderungen der kleinen Besucher erfüllte.